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Gasometer: Tesla ist nicht Kern der Frage

Aktualisiert: 25. Nov. 2020

Von Axel Seltz



Ist die Ansiedlung von Verwaltungs- und Konstruktionsbereichen der Firma Tesla nur ein gezielt gestreutes Gerücht, um zügig positive Entscheidungen des Bezirks über das Baurecht auf dem Gasometer-Gelände in Schöneberg zu erhalten, oder ist etwas dran? Vorweg: Das lässt sich gerade nicht mit Sicherheit sagen. Es kommt aber auch nicht darauf an. Städtebauliche Entscheidungen können für Jahrzehnte oder länger prägend sein. Sie müssen Perspektiven über die nahe Zukunft oder ein einzelnes Unternehmen hinaus aufzeigen.

Die bisherigen Entwicklungen auf dem Gasometer-Gelände waren stets von kontroversen Debatten über Art und Umfang der dortigen Bebauung begleitet. Diejenigen, die – wie ich – eine andere Nutzung favorisiert hätten, müssen allerdings auch zur Kenntnis nehmen, dass die Grundsatzentscheidung vor mehr als zehn Jahren gefallen ist und mittlerweile Tatsachen geschaffen wurden. Die Schlachten von gestern sind nicht rückwirkend zu gewinnen.

Aktuell stehen die bezirklichen Entscheider, also letztendlich die Bezirksverordneten, vor folgenden Fragen:

Kann auf eine Erschließungsstraße vom Euref-Gelände durch den Ringbahndamm verzichtet und der Verkehr über eine zu ertüchtigende Torgauer Straße abgewickelt werden?


Der Bebauungsplan 7-29 aus dem Jahre 2011 ist immer noch nicht förmlich festgesetzt. Alle Baugenehmigungen bislang fußen auf Erklärungen der vorzeitigen Planreife. Formal war bislang eben jene im Bebauungsplan vorgesehene zusätzliche Erschließung über eine sogenannte Planstraße A Voraussetzung für die Festsetzung. Nunmehr hat der Grundstückseigentümer und -entwickler ein Gutachten vorgelegt, dass belegen soll, dass das Verkehrsverhalten der Nutzerinnen und Nutzer des Geländes eine weitere Erschließung überflüssig macht.

Kann der Innenausbau des Gasbehälters höher als bislang zulässig erfolgen bei gleichzeitigem Verzicht auf insgesamt rund 30.000 m² Bruttogeschossfläche auf dem Gesamtgelände?


Im Bebauungsplan von 2011 ist vorgesehen, dass der Gasbehälter innen ausgebaut werden darf, jedoch die beiden oberen Ringe des Gerüsts freibleiben müssen. Diese Festlegung ging auf eine Intervention der Denkmalschutzbehörden zurück, die zwei freie Ringe für notwendig hielten, um die historische Struktur der für Schöneberg ikonischen Eisenkonstruktion weiterhin wahrnehmbar zu machen.

Der Grundstückseigentümer machte nun deutlich, er habe einen namhaften Nutzungsinteressenten, der allerdings einen Raumbedarf habe, der es nur erlaube, bei der Innenbebauung einen Ring frei zu lassen. Zugespitzt heißt das: Wenn Ihr Tesla im Bezirk wollt, müsst Ihr Euch beim Denkmalschutz bewegen.

Allerdings beließ es der Eigentümer nicht bei einer bloßen Wenn-Dann-Argumentation, sondern brachte seinerseits zwei denkbare architektonische Vorschläge in die Diskussion ein, die die Gasometer-Struktur durch die Art und Materialität des Baukörpers weiterhin erlebbar machen sollen. Zu deutsch: Man sieht das Eisengerippe, obwohl dessen Inneres bebaut ist.

Der Verzicht auf im Saldo rund 30.000 m² Bruttogeschossfläche von den ursprünglich vorgesehenen rund 165.000 m² hat mit der Innenbebauung des Gasbehälters wenig zu tun, dürfte aber für das Gesamtgelände durchaus positiv sein.

Wie geht es weiter?


Da die neuen Vorschläge Art und Maß der Bebauung gegenüber dem nicht festgesetzten Bebauungsplan 7-29 wesentlich verändern, ist die (Teil-)Neuauflage des Bebauungsplanverfahrens notwendig. Das umfasst auch eine erneute Bürgerbeteiligung! Das Bezirksamt wird zügig die nötigen Vorlagen erarbeiten und die gesetzlichen Verfahrensschritte einleiten. Dazu zählen auch die Würdigung der Stellungnahme der Denkmalschutzbehörde und die Abwägung zu den Anregungen und Bedenken aus der Öffentlichkeitsbeteiligung. Das Ziel ist es, einen beschlussreifen Bebauungsplan im ersten Halbjahr 2021 vorzulegen.

Wie steht die SPD-Fraktion dazu?


Die SPD-Fraktion freut sich, wenn es gelingt, hochwertige und zukunftsfeste Arbeitsplätze im Bezirk zu sichern und zu schaffen. Daher unterstützt sie die Ansiedlungspläne entsprechender Unternehmen. Das Euref-Gelände mit seiner Nähe zu den Fern- und S-Bahnhöfen Südkreuz und Schöneberg und seiner bisherigen Nutzungsmischung ist als integrierter Standort bestens für ein „Unternehmen der Mobilitätsbranche“ geeignet. Hinsichtlich der Frage des Denkmalschutzes wird die Positionierung der zuständigen Behörden zunächst abgewartet.

Städtebau ist jedoch bei weitem nicht nur Glas, Stein und Beton, er hat auch soziale Dimensionen. Was ist jedoch, wenn einige hundert gut bezahlte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Gefallen am Kiez auf der Schöneberger Insel finden? Droht eine weitere Welle der Verdrängung? Auf der einen Seite wird die konsequente Weiterführung des Milieuschutzes wichtiger denn je. Auf der anderen Seite gilt es den Wohnungsneubau auf der Schöneberger Linse zügig voranzutreiben.


Darüber hinaus sind wir der kern-sozialdemokratischen Ansicht, dass derjenige, dessen Investitionsentscheidungen belastenden Einfluss auf den öffentlichen Raum haben, zum Ausgleich beitragen muss. In diesem Fall bedeutet dies: Der Wegfall der Planstraße A muss durch eine Optimierung alternativer Erschließungen kompensiert werden. Konkret: Die Torgauer Straße muss saniert und für den Fahrradverkehr optimal hergerichtet werden und es muss ein direkter Fußweg vom S-Bahnhof Schöneberg über die vorhandene Brücke am Sachsendamm geöffnet werden. Die anliegenden Grünflächen Gasag-Nordspitze und Cheruskerpark sind durch Planungsfehler und Übernutzung heute in einem traurigen Zustand. Diese sollen mit Beteiligung des Investors saniert und auf eine durch das Neubauvorhaben erwartbare noch stärkere Nutzung hin umstrukturiert werden.

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